Donnerstag, 29. Juli 2010

Was die Hitze mit uns macht...

Solch einen Sommer gab es hier in Baschkirien das letzte Mal vor 100 Jahren. Seit Wochen haben wir Temperaturen um die 30°C, meistens aber über 30°C!!! Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wann es das letzte Mal so richtig geregnet hat! Nachts gibt es auch keine Abkühlung, so dass ich heute morgen zwischen 5 und 6 Uhr russische Hausaufgaben gemacht und aus dem Fenster geschaut habe, weil es im Bett unaushaltbar war. Aber es gibt eine gute Nachricht: Alle meine WG-Mitbewohner sind wieder zurück und so ist auch wieder Stimmung in der Bude und nie Langeweile! Meine letzte Woche zieht so schnell dahin wie eine deutsche Autobahn, weil es plötzlich noch ganz viele Dinge zu erledigen gibt... Abschiede, letzte Russischstunden, letzte Deutschstunden auf Arbeit, Kuchen backen, Friseur, Freunde treffen usw... Aber heute sind wir alle zu Hause. Draußen sind es 35°C und auf der Straße nicht auszuhalten!
Und hier seht ihr, wie jeder von uns von der Wärme beeinflusst wird:


Tobi





                                              Roman





Julia                

                     ich


  • Wir trinken mittlerweile das Wasser nur noch aus 5-Liter-Kanistern...
  • Spielen oben ohne Gitarre....
  • Lernen im Stehen Russisch, weil beim Sitzen die Klamotten am Stuhl ankleben....
  • Und benutzen den PC als Wörterbuch, weil beim echten Wörterbuch schon das Umblättern der Seiten  zu viel Wärmeenergie erzeugt...
Und das allerschlimmste: Wir sind alle dem Modern-Talking-Wahn verfallen:
            

    Freitag, 23. Juli 2010

    Die Sterne

    Ich wollte schon so oft mal darüber schreiben: Ich habe hier in Ufa damit begonnen, Sterne zu "sammeln", also sie zu fotografieren, wo auch immer ich einen sehe. Ich habe das Gefühl, dass Sterne hier in Russland immer noch sehr häufig vorhanden sind, an Gebäuden, an Zäunen, an Kirchen, als Dekoration...
    Es erinnert einen überall an die ehemalige UdSSR, wohin man auch schaut.

    Die weiteste Verbreitung - mit je nach Kulturraum verschiedener symbolischer Bedeutung - findet der fünfzackige Stern (Pentagramm). Der Prototyp der himmlischen Sterne strahlt auch heute noch auf zahlreichen Nationalflaggen (Vietnam, Ghana, Jugoslawien, China, Marokko, Türkei usw.) Der sechszackige Stern (Hexagramm) findet sich unter anderem im Davidstern der Juden wieder. Der siebenzackige Stern wurde in der Antike den Pleiaden zugeschrieben. Im Christentum wird der neunzackige Stern zum Symbol für den Heiligen Geist.

    Die meisten Sterne, die ich hier gesehen habe, sind fünfzackig. Der fünfzackige (oft rote) Stern wird heute meistens als Symbol für die sozialistische bzw. kommunistische Weltanschauung wahrgenommen. Er solle den Menschen metaphorisch den Weg in die klassenlose Gesellschaft leuchten, wird aber auch als ein internationalistisches Symbol in der Arbeiterbewegung gedeutet, wobei die fünf Zacken für die fünf zivilisierten Kontinente stehen. Wird er in staatlichen Symbolen verwendet, soll damit oft auf eine Form von Sozialismus bzw. Kommunismus verwiesen werden; dies ist allerdings nicht immer der Fall, zum Beispiel bei der Flagge Kaliforniens.

    Ich habe beim Fotografieren ganz schnell eine Sache bemerkt: Die Sterne sind überall um uns herum, werden von den Menschen als nichts Besonderes wahrgenommen und bleiben oft bedeutungslos, wenn sie lustig bunt an Laternenpfählen hängen oder den Zaun eines Spielplatzes zieren. Steht man jedoch mit einer Kamera davor und fotografiert die Sterne, so wird man sofort von allen Menschen angeschaut, als käme man von einem anderen .... Stern! :-) Ich frage mich, ob man dann in ihren Augen als Freund des Sozialismus oder gar als Feind des Sozialismus und als Fremdling gilt... oder ob ich mir einfach nur zu viele Gedanken mache und der Hauptgrund der Blicke einfach nur der Fotoapparat ist....denn Touristen verirren sich, wie wir alle wissen, selten hierher...

    Leider reicht mein politisches Wissen nicht aus, um diese Einstellung zu den Sternen komplett zu verstehen, ich mache mir den Spaß trotzdem und schaue nun immer um mich herum, ob mich jemand beobachtet, bevor ich einen Stern fotografiere.







    Sonntag, 18. Juli 2010

    Wahnsinn!

    Dass ich von Russlands Service-Kultur noch mal überrascht werde, hätte ich ja nie gedacht! Die zwei Pakete sind tatsächlich schon zu Hause in Deutschland angekommen! Das ist wirklich der Wahnsinn! Wie das so schnell ging, verstehe ich überhaupt nicht! Es hat exakt 2 Wochen gedauert. Am Donnerstag waren sie da.
    Ich habe schon überlegt, ob mich die blöde Trulla auf dem Postamt vielleicht sogar betrogen und mir extra viel Geld abgenommen hat, weil sie dachte, "mit der blöden Ausländerin können wir es ja machen" und dann war der Preis, den ich gezahlt habe, vielleicht Expresspost???

    Mhm. Naja, ich bin jedenfalls froh, dass sie ungeöffnet zu Hause angekommen sind. Über alles andere wollen wir uns nicht mehr ärgern. Dafür warte ich immer noch auf zwei Postkarten von meinen Eltern und von Stefan und ein Brief an meine Eltern ist auch schon seit 5 Wochen unterwegs und will einfach nicht ankommen. Haaaach, aus diesem Land werde ich wohl nie schlau....
    Morgen sind es aber Gottseidank nur noch 2 Wochen, bis ich im Zug sitze... :-) Hihi!

    Sonntag, 11. Juli 2010

    Blöd geglotzt

    Und wieder ist eine Woche um, ich war sehr produktiv und habe viel Russisch gelernt. Leider sind jetzt alle WG-Mitbewohner ausgeflogen und so hatte ich gestern morgen einen kleinen Tiefpunkt, weil mich die Einsamkeit plötzlich einholte. Doch der Grillabend gestern war schön und während ich heute am frühen Abend mit meinen Eltern telefonierte und sie bei 36°C fast dahinschmolzen, verzogen sich hier der scheinbar ewige Sonnenschein und die seit Wochen anhaltenden 30°C und machten einem Gewitter Platz, das es in sich hatte. 










    Der Himmel verdunkelte sich, es sah aus wie in einem Horrorfilm, was leider auf den Fotos nicht so extrem erkennbar ist, wie es wirklich aussah. Bevor es anfing zu regnen, kam plötzlich ein starker Wind auf und draußen sah es aus wie bei einem Sandsturm! Dann fing es an zu blitzen, aber es wollte nicht recht gewittern und regnete auch nur kurz und heftig, wie immer in Russland. Es reichte jedoch dafür, sofort wieder einige Straßen zu fluten

    und....was aber viel interessanter war: die verwirrten Menschen ans Fenster zu locken... hihihi...und ich hab Fotos gemacht!




















    Mein Papa meinte, ich soll die Situation mal von oben betrachten, wenn es mir nicht so gut geht. Nun hab ich die Situation nur von gegenüber betrachtet und auch das hat schon geholfen, den Anblick der grauen Hochhäuser, die mir langsam auf die Nerven gehen, sowie das schwache Straßen-Abflusssystem zu verkraften, aber mehr noch, beim Anblick der aus dem Fenster glotzenden Russen einen Stimmungsaufschwung zu erleben, weil es einfach witzig aussah!!! :-) *FREU*





















    So schlimm ist es ja gar nicht, wenn man in Aussicht hat, wieder hier wegzukönnen! :-) Noch 3 Wochen, dann sitze ich im Zug nach Moskau...

    Language Link...Das Jonglieren mit 3 Sprachen...

    Nachdem ich gestern wieder mal eine wirklich lange Russischstunde hatte (meine Lehrerin Dina beschäftigt sich scheinbar jetzt, wo sie Urlaub hat, gern 2 1/2 Stunden mit mir statt der vereinbarten 1 1/2 Stunden, was ich gut finde, da ich so schneller und mehr lerne!), traf ich mich dann am Nachmittag mit ein paar Leuten von der Sprachschule Language Link, wo ich unterrichte. Zunächst waren es nur Maidhc, ein Englischlehrer, der von sich sagt, dass er von überall her kommt und unter anderem auch 6 Jahre in Berlin gelebt hat, somit super Deutsch mit mir spricht und meine ehemalige Englischschülerin Sveta, die ich in meinem Level-4-Kurs hatte, eine wirklich nette junge Frau. Dann kamen noch der schottische Lehrer Derwin, der schon seit 3 Jahren hier wohnt und Russisch mit einem mir unverständlichen englischen Akzent spricht und der US-amerikanische Lehrer Jason, der nie etwas sagt. Eine bunte und lustige Mischung. Wir unterhielten uns auf Englisch, Russisch und zeitweise auf Deutsch. Ich bin stolz zu sagen, dass ich jetzt an einem Punkt in meinem Leben angekommen bin, an dem ich ohne Probleme in drei verschiedenen Sprachen quatschen kann. Das findet im Russsischen sicherlich auf einem begrenzten Level statt, aber ich fühle mich langsam echt wohl mit der Sprache. Der Unterricht mit Dina hilft mir viel und ich denke, dass mir auch mein Unterricht zu Hause in der Uni viel mehr bringen wird als vorher. Was mir ein bisschen Sorgen macht, ist, dass ich oft russische Wörter in englische Sätze einschiebe, wenn mir das englische Wort gerade nicht einfällt! Ich hoffe, das wird wieder besser, wenn ich bei Stefan in Australien bin. Ich möchte mir auf keinen Fall mein Englisch verderben! Es war jedenfalls ein super lustiger Abend, ich hatte einen deutschen Schichtsalat gemacht und wir kauften Würstchen, grillten am Ufer des Flusses im Stadtteil Tschernikovka und badeten natürlich auch. Derwin, der verrückte Schotte ging komplett in T-shirt und Hose schwimmen... :-) Sehr interessanter kultureller Mix aus Leuten.


    Ich kam gegen dreiviertel eins nach Hause und sah mir in der Küche noch das WM-Fußballspiel um den 3. Platz an. Gut gemacht, Deutschland!!!!
    Dann fiel ich gegen halb 3 Uhr nachts ins Bett und verpasste heute leider ganz aus Versehen die erste Tageshälfte, aber es ist ja Sonntag.... ;-)

    Dienstag, 6. Juli 2010

    Mein Wochenende...

    ...begann am Freitag Abend mit einer kleinen Fireshow, bzw. einer öffentlichen Übungssession, zu der uns Diana vom neuen Austausch 2010 einlud. Es ist die gleiche Gruppe, von der wir letzten Sommer während des Austausches in Ufa eine Fireshow am Salavat Julaev Denkmal angeschaut haben! Zudem muss man sagen, dass es nur eine Fire-Gruppe in Ufa gibt....aber immerhin! Diesmal fand es auf einem öffentlichen Übungsparkplatz für Fahranfänger hinter dem Goszirk irgendwo auf den Weiten des Ufaer Prospekts statt. Julias Eltern sind zu Gast und obwohl es mehr Training als Show war, hat es trotzdem Spaß gemacht, zuzuschauen...Im Hintergrund die authentischen Hochhäuser, die meiner Meinung nach den "Stadtkids spielen mit Feuer"-Stil super unterstreichen... :-)











    Fehlen nur noch die brennenden Mülltonnen...

    Am Samstagabend sind Tobi und ich losgefahren, um uns mit Aljona, ihrer Freundin und Rustam schon mal im Park ein Vor-Fußball-Bier zu genehmigen, weil es im Pub so teuer ist. Dann sind wir zum Pub gelaufen, wo auch Julia und Roma mit Julias Eltern waren. Das Viertelfinalspiel Deutschland gegen Argentinien war ja echt der Hammer!!!! Deutscheland ist im Halbfinale!!!!! Es gab lecker Knoblauch-Schnittchen!!! (Foto rechts). Ich habe keine Ahnung, wie wir gestunken haben müssen! Aber das ist ja in Russland völlig normal! Ohne dass man selber nach Knoblauch riecht, kann man es zum Beispiel im Bus gar nicht aushalten, weil einfach ALLE Leute eine Knoblauchfahne hinter sich herziehen!
     







    Danach stand zur Auswahl: mit Julia und Eltern nach Hause gehen oder: Rustam und Tobi haben mich gefragt, ob ich noch mit zu Rustam komme, dessen Freundin Aigul gerade zu Hause bei ihren Eltern ist…erst dachte ich mir, "mit zwei Männern dann alleine rumsitzen?" Aber ich ließ mich auf das Experiment ein, nicht zuletzt wegen des Russisch. Vom zu Hause sitzen und mit Deutschen reden kommt kein besseres Russisch. Die Jungs haben sich dann noch ein Bier gekauft, ich mir einen warmen Pfirsichsaft (was ich erst hinterher bemerkte :-( ...Russland eben), weil mir das eine Bier schon gereicht hatte und dann war es echt lustig bei Rustam. Wir haben bis morgens um 5Uhr in der Küche gesessen und er hat uns mit Mimik und Gestik lustige russische Geschichten aus seiner Jugend und Kindheit erzählt, soooo habe ich schon seit Langem nicht mehr gelacht….!!!! Mir sind die Tränen gelaufen und wir lagen fast unterm Tisch vor Lachen! Wir haben dann dort geschlafen. Ich habe von Rustam natürlich Gentleman-like eine Couch für mich alleine zum Schlafen bekommen und die zwei Jungs haben auf der anderen Couch geschlafen. 
    Sonntag haben wir es dann ruhig angehen lassen und abends sind wir zum Fluss Ufimka gefahren, wo wir mit Julias Eltern und auch Rustam, Rail, Lena und Ramil am Flussufer gegrillt haben (da, wo wir zu Ostern auch schon waren) Es war toll!
    Julia, ihre Mutti und ich sind sogar in den Fluss gegangen. Der war an der Stelle (ist ja ein Nebenfluss der Belaya) einigermaßen sauber und angenehm kühl, was uns bei den seit ich weiß nicht wie vielen Wochen durchgängigen 30°C unheimlich gut tat! Aber es war so starker Strom, dass ich ca. 10 Minuten auf der Stelle gegen den Strom geschwommen bin...und dann war ich zwar abgekühlt, aber völlig ausgepowert. Naja, wenigstens gab es keine Krokodile, Haie, Feuerquallen oder Sonstiges zu fürchten...:-) Gruß an meinen Stefan an dieser Stelle! :-) 
     













    Die Russen und ihre (entschuldigung...ekligen und stinkenden) Trockenfische!!! (Foto links)
    Die grünen Schuhe habe ich nun endgültig mit Ketchup verunstaltet....Naja, da fällt dann das Wegschmeißen nicht mehr so schwer, wenn ich für Australien packe... :-) (Foto rechts)

    Heute früh ist Tobi gegen 8 Uhr losgefahren, zu dem Punkt in einem anderen Stadtteil, von wo aus man gut trampen kann. Er möchte zum Baikalsee trampen! Das ist von hier aus weiter weg als bis nach Halle!!!  (Ich glaube, irgendwas um die 4000km) Und er hat Roma halb 11 angerufen, dass er immer noch dort steht… Da tat er uns schon leid und wir erwarteten schon, dass er deprimiert zurückkommt....Aber er hat spät abends eine Sms geschrieben, dass er es tatsächlich schon die ca. 400km bis Chelyabinsk geschafft hat! Ich bin gespannt, wie es für ihn weitergeht! Ich hätte mir das jedenfalls nicht getraut, so eine Entfernung zu trampen und das auch noch allein! Respekt, Tobi und weiterhin viel Glück!!!! Ich bleibe erstmal hier im sicheren Ufa und verbringe die letzten 4 Wochen fleißig mit Russisch lernen, Deutsch unterrichten und Spaß haben! :-)

    Donnerstag, 1. Juli 2010

    Das Paket....

    Heute will ich mich nun nach mehreren Enttäuschungen in Zusammenarbeit mit der russischen Post zum besagten Thema äußern, da ich das Ufaer Postamt regelmäßig mit Depressionen verlasse, wenn ich mal wieder seinen Dienst in Anspruch nehmen wollte, der Dienst allerdings meinen Ansprüchen, wie immer, NICHT gerecht wurde... Dies reicht von meiner ersten Postkarten-Aktion letzten Sommer, während des Austausches, als ich lernte, dass man eine Postkarte in einem Briefumschlag abschickt, über viele verwunderte Blicke und unhöfliche Missachtung, wie ich nur auf die Idee komme, etwas ins Ausland zu schicken, über das Paket mit meinen Sommersachen, welches ich nach 6-wöchiger Wartezeit gegen Vorlage meines Passes und gefühlter 100 Unterschriften entgegennehmen durfte, über Julias grünen Umschlag, den sie so einfach nicht verschicken durfte, ebenso wie den Umschlag mit dem daraufgemalten Schweinchen, bis hin zu dem 18,2kg-Paket (mit all den Sachen, die ich in Australien und hier nicht mehr brauche), das ich gestern versuchte, nach Hause zu schicken.











    Alles begann damit, dass ich ja in die deutsche WG umgezogen bin, um bei Aliya, meiner depressiven und ordnungsscheuen Vermieterin das Feld zu räumen. Ich fuhr von der Arbeit nach Hause und Tobi kam, um mir zu helfen. Wir bestellten ein Taxi, um mit meinem Koffer, Trekkingrucksack, Handtasche, Paket, Matratzenauflieger und Ukulele drei Straßen weiter zur WG zu fahren. Dort gibt es zwar gleich unten am Block auch ein kleines Postamt, es hatte aber bereits seit 19 Uhr geschlossen. Also stiegen wir in den Bus und fuhren zum Hauptpostamt in der Leninstraße 28 im Stadtzentrum. Als wir das Gebäude betraten, hatte ich plötzlich so ein komisches Bauchgefühl, dass irgendetwas wieder schief gehen würde. Ich hatte aber die Sachen in dem braunen Karton verpackt, den mir meine Eltern auch schon im März geschickt hatten. "Also," dachte ich mir, "sollte es ja keine Probleme geben." ...

    Es fing an wie immer: Wir gingen zum Schalter und ich sagte "Здравствуйте" ("Guten Tag") zu der Dame, die in Ruhe weiter auf ihrem Taschenrechner herumtippte, mich keines Blickes würdigte, mich dann aber nach meinem zweiten, eindringlicheren "Здравствуйте" genervt anschaute und antwortete: "Ich höre?"
    Zu diesem Zeitpunkt  wollten ihr meine Emotionen schon das erste Mal ins Gesicht boxen. Aber ich beruhigte den  kleinen cholerischen Mann in meinem Kopf und sagte ihr, dass ich gern dieses ca. 18kg schwere Paket nach Deutschland schicken würde.
    Nach kurzer Zeit wurde klar, dass sie das Paket so nicht annehmen würde, da es zu groß sei und ein weißer Sack um das Paket fehlte.

    Hier die Konversation:
    Ich: "Und warum muss da ein weißer Sack drum? Ich habe das Paket doch auch so, wie es ist, aus Deutschland hierher geschickt bekommen."
    Sie: "Na, so ist das eben hier in Russland."
    Ich: "Aha, haben Sie solche Säcke hier?"
    Sie: "Ja, kostet 146 Rubel (3,74€)."
    Wir zogen den Sack mit aller Mühe über das Paket, aber oben reichte der Stoff nicht, um den Sack zuzuschnüren. Sie stand mit einem fiesen Grinsen da und beobachtete uns, schüttelte dann mit dem Kopf und sagte, dass es so nicht ginge.
    Ich: "Haben Sie noch größere Säcke?"
    Sie: "Nein."
    Ich: "Und welche anderen Möglichkeiten habe ich jetzt?"
    Sie: "Sie können so einen Sack im Geschäft bestellen und morgen mit dem Paket wiederkommen."
    Ich: "Also,  ich sag Ihnen das jetzt gleich schon mal vorneweg, damit Sie es wissen: Ich fahre heute mit dem Paket nirgendwo mehr hin! Das wird heute abgeschickt. Sie arbeiten doch hier, also helfen Sie mir jetzt bitte, das ist Ihre Aufgabe!"
    Nach einer Weile des Überlegens antwortete sie: "Na, wir haben da noch diese blauen Postkartons, da können Sie einen kaufen und es damit ohne Sack abschicken."
    Ich: "Ist das der größte, den Sie haben? Der ist ja offensichtlich zu klein, wie Sie sehen!"

    Mit den Menschen im russischen Postamt MUSS man so reden, um sie aus ihrem Alltags-Unfreundlichkeits-und-nicht-Hilfbereitschafts-Trott aufzuwecken. Das habe ich in Russland bereits gelernt: Wenn man etwas möchte, muss man hartnäckig sein und den Servicekräften ein bisschen auf die Nerven gehen.

    Tobi: "Kostet es denn genauso viel, wenn man die 18,2kg auf zwei solcher Pakete verteilt und sie dann nach Deutschland schickt?"
    Sie: "Ja, wahrscheinlich."
    Ich: "Was heißt hier wahrscheinlich? Ja oder nein?"
    Sie: "Das sehen wir erst, wenn wir die Pakete dann wiegen." (Komisch! Ich bin vor ein paar Wochen zum exakt gleichen Schalter gegangen und habe gefragt, wie viel ein 20kg-Paket nach Deutschland kostet. Man tippte die Berechnungen in den Computer ein und sagte mir einen Preis.)
    Sie: "Naja, oder Sie können auch das Paket, so wie es ist, da drüben an dem Spezial-Schalter ohne Sack abschicken, aber da kostet es mehr."

    Man berechnete mir einen Preis und es handelte sich um sagenhafte 6500 Rubel, das sind 166,48€!!!! Ich schluckte kurz und entschied mich dann kleinlaut für die zwei blauen Postkartons. Was an diesen nun anders sein sollte als an meinem braunen Karton, verstand ich zwar nicht, aber ich hatte ja keine andere Wahl.













    Wir packten meinen ganzen Kram (übrigens hätte es sich nicht gelohnt, die Sachen wegzuschmeißen, Mutti, weil selbst mein Langenscheidts-Wörterbuch allein schon 33€ wert ist!) in die zwei Kartons um und dann eröffnete mir die Dame, dass ich doch bitte für jedes Paket jeweils einen Zettel mit Adresse des Absenders und des Empfängers und jeweils 4 Zettel mit den Adressen, den Dingen, die im Paket sind, sowie der Anzahl, der einzelnen Gewichtsangaben (also zum Beispiel 1,2kg Schuhe) und deren Wert, sowie Datum und Unterschrift ausfüllen möge!!! Ich schaute auf meine Uhr, es war 21Uhr und fragte sie: "Sie haben bis 22 Uhr offen, ja?" Das war das erste Mal, dass sie lachte und in meinen Sarkasmus mit einstieg. Also saß ich am Tisch und füllte, als hätte ich nichts anderes zu tun, ZEHN Zettel aus, während Tobi sie alle kontrollierte und mich auf Fehler bei Postleitzahlen sowie vergessene Hausnummern hinwies. Hier ein Exemplar solch eines Zettels, welchen ich völlig verunstaltet und daher als Andenken mit nach Hause genommen habe. Ich war nach dem ganzen Ausfüllen schon so GAGA, dass ich hier beim Empfänger die deutsche Postleitzahl, aber bei der Stadt "Ufa" hinschrieb und beim Land: "Россия/Germany"....
    Nachdem ich meine Arbeit verrichtet hatte, klebte die Dame die Kartons mit baschkirischem Klebeband zu, und zwar mit einer beachtlichen Technik, zumindest DAS konnte sie gut...Dann musste ich sage und schreibe 80€ (ich mag gar nicht mehr darüber nachdenken!) für diese zwei Pakete inklusive Kartons, Klebeband und...DAS finde ich eine absolute Frechheit: 1,88€ Servicegebühr bezahlen!!!!
    Wie lange es wohl dauert, bis die Pakete die Weiten Russlands durchquert, den Zoll überstanden und mein zu Hause erreicht haben, steht noch in den Sternen. Ich rechne großzügig mit 8 Wochen und bin einfach nur froh, den Kram loszusein! Wir haben insgesamt 1 1/4 Stunden auf der Post verbracht und gönnten uns dann bei der Ankunft in meinem neuen zu Hause für die letzten 4 Wochen hier in Ufa noch ein paar Pjelmeni, um die erneute Peinigung auf dem russischen Postamt in Ufa zu verkraften und verarbeiten...