Am Sonntag, den 2. Mai war es endlich soweit: Zum ersten Mal seit zweieinhalb Monaten raus aus der Stadt in die Natur!!! Ich hatte schon förmlichst danach gelechzt!!! Der Wetterbericht versprach angenehme 20 Grad, was mir beim Gedanken an die Nacht im Zelt allerdings etwas Angst machte, da ich die Temperaturschwankungen zwischen Nacht und Tag vom letzten Sommer in Russland kannte! Egal. Wir machten uns trotzdem um 6.30 Uhr morgens mit dem Bus auf zum Bahnhof, bepackt wie ein paar Esel, jeder mit einem großen Trekkingrucksack, Isomatte, Schlafsack, Töpfen, Essen, Bier und Wodka und zwei Zelten für 8 Personen, so würde es wenigstens schön warm im Zelt werden, hofften wir...
Am Bahnhof kauften wir (mit Studentenrabatt...Yippee!) Tickets für die Elektritschka für umgerechnet 2,46 € ins vier Stunden entfernte Inzer. Die Elektritschka ist ein sehr lustiger und langsamer Zug, aus dem man nach dieser langen Fahrt durchaus froh ist, auszusteigen... Aber wir sind ja alle jung und ertragen viel, wenn es möglichst wenig Geld kostet!!! Wir hatten unseren Spaß mit Musik, Kartenspielen, Essen (vegetarisch - Foto links und nicht vegetarisch - Foto rechts...) und aus dem Fenster schauen in die vom Winter langsam erwachende Natur!
In Aigir, was mir wie am Ende der Welt (hat sich bei der erfolglosen Suche auf GoogleMaps bestätigt), aber total idyllisch und auch irgendwie bizarr erschien, holte uns ein Freund von Roman am "Bahnhof" ab und führte uns zu seinem "Lager", ca. 2 bis 3 km die Schienen entlang und den Berg hoch in den Wald, wo wir uns dann mit unseren zwei Zelten und einem Lagerfeuer inklusive Studenten-Austausch-Paddeltour erprobter Kochkonstruktion niederließen.
Nach einer gemeinsamen Stärkung und neugierigen Besuchen der russischen Mitcamper vom ca. 20m entfernten Lager boten uns Lena und Roman an, auf die Zelte und das Feuer aufzupassen, so dass wir einen Spaziergang machen konnten!!!! Das hatte ich gar nicht erwartet, da es vorher natürlich klar war, dass die einzige Wanderung die vom Bahnhof zum Zeltplatz mit schweren Rucksäcken sein würde, da wir ja danach unser Zeug nicht einfach irgendwo allein lassen könnten. Damit meine ich übrigens keinen normalen deutschen Zeltplatz, auf dem es Toiletten, Duschen, Kochplatten, einen Kiosk und eine Kneipe gibt, wo man mit dem Auto bis vor die Zelthaustür fährt und man pro Nacht und pro Nase Geld bezahlt... das ist doch was für Weich...., nee, hier in Russland geht es beim Zelten ums nackte Überleben!!!! :-) Es folgte jedenfalls ein schöner langer Spaziergang durch Matsch und Sumpf (was war ich dankbar für meine Wanderschuhe!), denn hier in den Bergen war erst vor 3 Tagen der letzte Schnee weggetaut! Unsere neuen russischen Freunde begleiteten uns, zeigten uns den Weg, stellten allerlei interessierte Fragen und lehrten uns viele neue Dinge über die Natur. Zum Beispiel zeigten sie uns die "Подснежники" (Podschneschniki), die ich als Blumen unter dem Schnee übersetzen würde. Sie sehen aus wie eine Art Windröschen und man erzählte uns, dass sie 12 Jahre wachsen, bevor sie das erste Mal blühen und es deswegen strafbar sei, sie abzupflücken. Ob das stimmt, weiß ich nicht, war aber eine sehr schöne Geschichte und verlieh diesen kleinen zarten Blümchen einen geheimnisvollen Charakter!
Auch bin ich erschrocken, als Ramil und Rail plötzlich mit den Lippen an der Rinde einer Birke hingen und sie aufzuessen schienen! Nein, sie haben den Birkensaft getrunken, der aus einem kleinen Loch herauslief und erklärten uns dann, dass man ihn nur abzapfen kann, wenn der Bodenfrost bereits verschwunden ist und dass eine dicke Birke bis zu 10 Liter Birkensaft pro Tag liefert. Der Saftfluss hält nur maximal zwei Wochen an. Sie haben dann gleich eine halbe Plastikflasche volllaufen lassen! Der Saft schmeckt fast nach gar nichts und nur ganz leicht süßlich. Sehr interessant!
Ich habe die Wanderung voll genossen und die Stille auf mich einwirken lassen! Die Einsamkeit in der russischen Natur wird mich wohl nie mehr loslassen und immer wieder Erinnerungen an unsere Paddeltour letzten Sommer wachrufen sowie eine komplett beruhigende Wirkung auf mich haben!
Wir machten uns langsam wieder auf den Rückweg. Ich habe auch kein Gefühl mehr, wie weit wir gelaufen sind. Ich schätze 8-10 km. Zurück an unserem Lagerplatz ließen wir dann den Abend mit Schaschlik (mhm!!!) und gemeinsamer Gitarrenmusik am Lagerfeuer der größeren Gruppe ausklingen...
Fortsetzung folgt und alle Fotos gibts im Album!
Na das klingt doch nach einem sehr erfolgreichem Wochenende!
AntwortenLöschenBei dem Schachlik läuft mir gleich wieder das Wasser im Mund zusammen... LECKER!!!! und bei den Fotos und Geschichten von der Natur und dem Lagerfeuer inkl. Guitarre kommen gleich wieder sehr schöne Erinnerungen an den Sommerurlaub zu Tage!!!!
Wenn du nach den Natur lechtst, dann kann ich dir nur sagen, dass du in 3 Monaten hier in Australien so viel davon haben wirst, dass du mit der Zivilisation am Ende nicht mehr umgehen kannst. ;-)
Alles Gute und ich bin gespannt auf Part 2!!! und die Bilder von dem Zug....